Die Leichte Sprache und ich

Mein sehr persönlicher Rückblick auf 2021

Ganz ehrlich: Die Leichte Sprache macht es mir nicht immer leicht. Im Gegenteil: Manchmal denke ich, je mehr ich mich mit der Materie beschäftige, umso mehr Fragen stellen sich mir. Was hilft dagegen? Weiter lernen, lernen, lernen. Und das habe ich gemacht.

Fortbildung hilft

Im Frühjahr 2021 habe ich einen Online-Workshop der Uni Hildesheim besucht, in dem die Teilnehmerinnen der Zertifikatsreihe noch einmal gemeinsam Textarbeit betreiben und die praktische Anwendung von Regeln vertiefen konnten. Es ist sehr hilfreich, verschiedene Übersetzungsversionen eines Ausgangstextes zu sehen. Jede und jeder geht schließlich anders vor. Und ich habe viele gute Lösungen gesehen, auf die ich selber nicht gekommen wäre.

Ein paar Wochen später ging es weiter mit einer Fortbildung zum Thema “Leichte Sprache in der Medizin”. Da ich als Englisch-Übersetzerin auf die Übersetzung von medizinischen Texten für Marktforschungsinterviews mit Fachärzten spezialisiert bin, liegt es für mich nahe, auch in Leichter Sprache auf dem Gebiet der Medizin weiterzuarbeiten. Bislang habe ich zwar noch kaum wahrgenommen, dass Kollegen oder Kolleginnen sich auf ein Fachgebiet spezialisieren, aber ich gehe davon aus, dass dies in Leichter Sprache genauso sinnvoll ist wie in der Fremdsprachenübersetzung. Hat sich jemand in, sagen wir, Jura eingearbeitet, ist es sinnvoll, diese Kompetenz weiter auszubauen und auch anderen Kunden anzubieten. So werden die Übersetzungen präziser, professioneller und weniger fehleranfällig. Das Thema Spezialisierung steht also weiterhin ganz oben auf meiner Prioritätenliste für 2022.

Internationale Fachtagung

Im August 2021 habe ich die Fachtagung zur Qualität der Leichten Sprache besucht, die von der Fachhochschule Nordwestschweiz ausgereichtet wurde. In einem früheren Blog-Beitrag habe ich darüber berichtet. Sehr gerne wäre ich persönlich hingefahren, auch um weitere persönliche Kontakte knüpfen zu können, aber Corona hat das leider verhindert. Die unterschiedlichen Referate haben mir gut vor Augen geführt, wie divers Leichte Sprache zum Einsatz kommen kann und vor allem, wie wichtig es ist, Texte in Leichter Sprache mit guten, relevanten Illustrationen zu kombinieren! Denn gute Bilder stützen den Text und schaffen für den Leser Realität. Texte mit relevanten Bildern werden schneller verstanden, sofern die inhaltliche Beziehung zwischen Text und Bild stimmt. Es reicht also nicht, ein beliebiges Bildchen auf die Seite zu pappen, damit “man was zu gucken hat”. Auch dieses Thema gehört zu meinen Top-Prioritäten für 2022, denen ich mich ganz besonders intensiv widmen möchte.

Qualifizierungsreihe der Lebenshilfe Bremen

Im August startete dann für mich eine weitere Qualifizierungsreihe als Übersetzerin für Leichte Sprache. Ich habe bereits die Qualifizierung durch den BDÜ in Zusammenarbeit mit der Forschungsstelle Leichte Sprache der Uni Hildesheim erworben, also warum noch eine Qualifizierung, warum nochmal viel Geld ausgeben, warum alles nochmal von vorne lernen? Ganz einfach: Nachdem ich das Zertifikat der Forschungsstelle Leichte Sprache in den Händen hielt, fühlte ich mich keineswegs so gut gewappnet für die Arbeit, wie ich mir das gewünscht hätte. So sehr ich die Inhalte der Fortbildung geschätzt habe, so sehr hat mir aber auch der Bezug zur eigentlichen Zielgruppe gefehlt: Wie reagieren Menschen mit Lernschwierigkeiten oder Behinderung auf Leichte-Sprache-Texte? Wie liest die Zielgruppe diese Texte überhaupt? Was sind denn nun die Vorteile von Prüfgruppen und wie viel darf das Ganze dann kosten? All diese Fragen waren nach der Ausbildung noch offen. Also habe ich mich bei der Lebenshilfe Bremen zur Qualifizierungsreihe angemeldet – und all meine Erwartungen, was die praktische Anwendbarkeit der Leichten Sprache für die Zielgruppe betrifft, wurden voll erfüllt. Auch diese Fortbildungsreihe bestand aus mehreren Modulen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und dauerte einige Monate.

Fazit

Am Ende des Jahres 2021 bin ich nun also stolze Inhaberin gleich zweier Zertifikate, die mich für die Übersetzung in Leichte Sprache qualifizieren sowie ebenso stolze Teilnehmerin mehrerer Online-Schulungen zu diversen Themen. Ich habe vieles gelernt. Ich habe viele gute Kontakte geknüpft. Ich habe viele Inhalte vertieft. Ich habe vieles in Frage gestellt (Müssen es wirklich immer die Bilder der Lebenshilfe sein?). Und ich habe in etlichen Punkten meine Meinung weiter gefestigt (Ja, der Mediopunkt macht Sinn!).

Mit diesem Handwerkszeug starte ich in das neue Jahr. Mit viel Optimismus, Tatendrang und in dem Gewissen, dass ich niemals genug über Leichte Sprache lernen kann und dass mich jede neue Erkenntnis voranbringt auf dem Weg, eine gute Übersetzerin zu sein oder eine noch bessere zu werden.

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