Leichte Sprache oder Einfache Sprache?

Was ist der Unterschied? Wer benötigt Leichte Sprache? Und wer benötigt Einfache Sprache? Ich gebe einen kurzen Überblick:

Einfache Sprache soll bürgernah sein.

Beginnen wir mit der Einfachen Sprache. Für sie gibt es kein festes Regelwerk wie bei der Leichten Sprache. Sie fordert den Leser deutlich mehr und ist deshalb nur bedingt für die Zielgruppe der Leichten Sprache geeignet. Die Einfache Sprache verzichtet zwar auch auf Fremdwörter und lange Sätze. Aber die Einfache Sprache duldet Nebensätze und verschiedene Tempi, die man in der Leichten Sprache besser vermeidet. Die Einfache Sprache kommt ohne komplexe Formulierungen aus. Stattdessen formuliert der Autor klar, verständlich und natürlich grammatikalisch und sprachlich korrekt.

Deshalb wird die Einfache Sprache auch bürgernahe Sprache genannt. Sie spricht all jene an, die mit schwierigen Fachtexten ihre Probleme haben. Sie ist aber tatsächlich auch durchaus eine Option für Menschen mit höherer Bildung, weil diese in der Einfachen Sprache den Vorteil erkennen, sich nicht mühsam mit einem komplexen Text auseinandersetzen zu müssen. Das weiß ich zuverlässig von meinen studierenden Töchtern und ihren Kommilitoninnen, die bei der Recherche lieber die Texte in Einfacher Sprache lesen – wenn es sie denn gibt!

Einfache Sprache als Brücke zwischen Fachsprache und Leichter Sprache

Einfache Sprache bildet also einen Puffer zwsichen der häufig komplexen und schwierigen deutschen Fachsprache und der Leichten Sprache für Menschen mit Behinderung. Behörden, öffentliche Stellen und – in meinem Fall meine Krankenversicherung – formulieren zunehmend ihre Texte in Einfacher Sprache, was ich sehr wohltuend finde.

Leichte Sprache soll der kleinste gemeinsame Nenner sein

Leichte Sprache geht noch um einiges weiter als die Einfache Sprache: Die Sätze sind sehr kurz: Es gibt pro Satz nur einen Gedanken bzw. eine Aussage. Zeiten wie Präteritum oder Futur werden vermieden und anders umschrieben. Fremdwörter sind nicht erlaubt oder müssen erklärt werden, wenn man nicht auf sie verzichten kann. Alles, was den Leser potenziell irritieren oder auf eine falsche Fährte locken kann, wird vermieden.

Warum ist das notwendig?

Leichte Sprache als spezielles Angebot für Menschen mit Einschränkungen

Vielen Menschen reicht Einfache Sprache nicht aus, um einen Sachverhalt hinreichend zu verstehen oder sich zu informieren. Diese Menschen benötigen Leichte Sprache. Die Leichte Sprache ist ein spezielles Angebot: Leichte Sprache richtet sich ausschließlich an Menschen mit Einschränkungen. Diese Einschränkungen können sehr vielfältig sein: Von einer Seheinschränkung über Krankheiten wie Demenz oder Autismus bis hin zu geistigen Behinderungen gibt es vieles, was einen Menschen kognitiv daran hindert, normales Deutsch, geschweige denn deutsche Fachsprache, zu verstehen.

Bitte mehr Akzeptanz für Leichte Sprache!

Ein Missverständis begegnet mir leider immer noch viel zu häufig: Manche Menschen konfrontieren mich mit den Worten: “Was soll das denn mit der Leichten Sprache? Als wäre ich zu dumm, einen Text zu lesen!”

Diesen Menschen entgegne ich jedesmal: “Sie sind ja gar nicht die Zielgruppe!” Für manche Menschen ist es offenbar schwer vorstellbar, dass ein normaler Text nicht gut verstanden wird. Falls Sie auch zu jenen gehören, die den Sinn der Leichten Sprache infrage stellen: Betrachten Sie die Leichte Sprache doch bitte als Hilfsmittel, z. B. wie einen Rollator für gehbehinderte Menschen. Wenn Sie ihn sehen, zweifeln Sie doch sicher auch nicht den Sinn des Hilfsmittels an, weil Sie selber noch so mobil sind! Und sicherlich denken Sie auch nicht, dass der Rollator völlig unnötig sei. Denn der Rollator gehört ja nicht Ihnen. Sie nehmen ihn also zur Kenntnis im Bewusstsein, dass es das Hilfsmittel gibt, Sie davon aber nicht betroffen sind.

Machen Sie’s mit der Leichten Sprache doch bitte genauso: Wenn Sie das nächste Mal Leichte Sprache begegnet, dann zweifeln Sie nicht an ihrem Sinn, sondern denken Sie daran, dass Sie selber gar nicht gemeint sind.

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