Leichte Sprache: Aktueller Stand der Gesetzgebung

Der Umgang öffentlicher Stellen mit Leichter Sprache ist explizit und implizit im Rahmen verschiedener Gesetzgebungen, Richtlinien und Verordnungen dargelegt, die einerseits die Gleichstellung von Behinderten und andererseits die Barrierefreiheit der Informationstechnik regeln. Ein Überblick über die verschiedenen Regelwerke, ihre Bedeutung sowie der aktuelle Stand der Dinge:

Zunächst vorab: Es wird unterschieden zwischen Richtlinien und Verordnungen. Eine EU-Richtlinie kann als Vorgabe betrachtet werden, die aber noch in das Recht des jeweiligen Landes übertragen werden muss und damit zu einer nationalen Verordnung wird. Eine EU-Verordnung hingegen ist rechtlich bindend für alle EU-Mitgliedsländer und findet unmittelbar Anwendung. Wichtig ist auch zu wissen, dass diese EU-weiten Regelungen nur die Mitgliedsländer verpflichten, nicht aber die Privatwirtschaft der jeweiligen Länder. Diese wiederum werden durch nationale Gesetzgebung zum Handeln verpflichtet.

Richtlinie (EU) 2016/2102

Sie regelt den barrierefreien Zugang zu den Websites und mobilen Anwendungen öffentlicher Stellen. Aufgabe der Richtlinie ist es, die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu schützen, indem angemessene Maßnahmen ergriffen werden, um diesen Menschen einen gleichberechtigten Zugang zu Informationen zu gewährleisten. Sie verlangt auch, dass das Design von Produkten oder Dienstleistungen so gestaltet sein muss, dass es die Nutzung durch alle Menschen ermöglicht.

Web Content Accessibility Guidelines (WCAG)

Dies sind weitere internationale Richtlinien, die eine barrierefreie Gestaltung von Internetangeboten vorgeben. In der EU gilt dies verbindlich für alle Websites, die von öffentlichen Stellen betrieben werden.

Verordnung zur Schaffung barrierefreier Informationstechnik nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (BITV 2.0) von 2019

Sie ist die deutsche Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie (EU) 2016/2102 sowie der WCAG-Richtlinie und gilt für alle öffentlichen Stellen des Bundes. Anders als in der EU-Richtlinie sieht die deutsche Verordnung (in § 4) explizit vor, dass öffentliche Stellen auf der Startseite ihrer Websites Erläuterungen in Gebärdensprache und in Leichter Sprache bereitstellen müssen. Die letzte Frist für die Umsetzung der Verordnung lief am 23. September 2020 an. Tatsächlich haben aber noch längst nicht alle Kommunen dies in die Tat umgesetzt.

Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) von 2002

Auch dieses Gesetz basiert auf der EU-Richtlinie 2016/2102. In §11 heißt es sinngemäß, dass Träger öffentlicher Gewalt mit Menschen mit geistigen und seelischen Behinderungen in einfacher und verständlicher Weise kommunizieren sollen. Bei Bedarf sollen sie offizielle Dokumente in Leichter Sprache erläutern. Informationen in Leichter Sprache sollen vermehrt bereitgestellt und Leichte Sprache stärker eingesetzt werden. Außerdem sollen die Kompetenzen der öffentlichen Stellen für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache auf- und ausgebaut werden.

Richtlinie (EU) 2019/882, auch europäisches Barrierefreiheitsgesetz oder European Accessibility Act (EAA) genannt

Diese Richtlinie regelt die Anforderungen an Produkte und Dienstleistungen im Sinne der Barrierefreiheit. Die Richtlinie ist bis zum 28. Juni 2022 in nationales Recht umzusetzen und muss – abgesehen von Ausnahmen – ab dem 28. Juli 2025 angewandt werden. Sie besagt, dass Güter und Dienstleistungen privater und öffentlicher Anbieter auf dem europäischen Markt barrierefrei zugänglich sein müssen. Zu solchen Angeboten zählt zum Beispiel der gesamte Onlinehandel.

Das Bundesteilhabegesetz von 2016

Hier wird nicht explizit auf Leichte Sprache verwiesen. Vielmehr geht es darum, Menschen mit Behinderungen besser zu unterstützen und für mehr Integration zu sorgen.

Darüber hinaus gelten individuelle Gesetze der einzelnen Bundesländer zur Gleichstellung von Behinderten und zu barrierefreier Informationstechnik.

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