Kindgerechte Sprache

Heute stelle ich mal ein Projekt vor, das mich mit einer eher ungewöhnlichen Varietät der Leichten Sprache in Kontakt gebracht hat: Kindgerechte Sprache.

Was hat es damit auf sich? Ich wurde von der Mitarbeiterin des Siegerlandmuseums kontaktiert mit der Bitte um Hilfe. Ein Museumsführer für Kinder sollte entstehen, der in kindgerechter Sprache durch das Museum führt. Die Mitarbeiterinnen hatten bereits viel Mühe und Zeit in die Texte gelegt, waren aber selber nicht ganz zufrieden mit dem Ergebnis, obwohl die Texte bereits ansprechend formuliert waren und auch die Fantasie der Kinder anregten.

Für mich war das zugegeben auch ein neues Feld, aber ich hatte schnell das gute Gefühl, dass ich mich dem Text über die Regeln der Leichten Sprache nähern und zu einem kindgerechteren Resultat kommen kann.

Aber zunächst stand ein Besuch vor Ort an, weil ich a) nicht weit entfernt wohne und b) mir erst einmal selber einen persönlichen Eindruck verschaffen wollte.

Das Museum

Und was für eine positive Überraschung! Da trohnt hoch oben über der Stadt Siegen dieses schöne alte Schloss mit einem wunderschönen Park zum Flanieren und fantastischen Aussichten auf die Stadt und Umgebung. Das Museum erzählt die interessante und bewegte Geschichte des Siegerlandes und hält sogar einen echten Schatz bereit: Ein Gang in die Tiefe des Bergs zur Nachbildung eines für die Gegend typischen Bergwerks! Und nicht nur das: Zu meinem großen Erstaunen spielen das niederländische Königshaus und der Maler Rubens auch eine zentrale Rolle im Museum! Ich war total begeistert und machte mich dann ans Werk.

Leichte-Sprache-Regeln für kindgerechte Sprache

Der Text, den ich von der Mitarbeiterin bekam, war schon sehr gründlich aufbereitet: Es war bereits die grafische Entwicklung einer geschlechterneutralen Löwenfigur in Auftrag gegeben, die als Persona durch den Text führt. Sehr gut! Das war ein prima Ausgangspunkt, um die kleinen Leser direkt ansprechen zu können. Der Löwe war geschickt gewählt, weil er in der Stadtgeschichte eine Rolle spielt.

Ich habe mir also vorgestellt, wie das Löwenkind die Geschichten erzählt und durchs Museum führt. Somit war der Ton gesetzt. Nun konnte ich die Texte zügig durcharbeiten und schwierige Formulierungen auflösen. Ich habe dann genau das getan, was ich mit anderen Texten sonst auch tue:

Ich habe schwere Formulierungen durch leichte ersetzt. Lange Sätze habe ich gekürzt und statt Substantiven mehr Verben verwendet. Genitiv- und Passivwendungen fielen auch den Regeln zum Opfer. So gab es beispielsweise diesen Satz: „Tiere wurden häufig für die Gestaltung eines Wappens herangezogen.“ Kindgerecht formuliert heißt es nun: „Früher hat man oft Tiere auf ein Wappen gemalt.“

Weiterhin habe ich einige Begriffe erläutert, die mir für Kinder zu unklar erschienen. Vieles dreht sich im Siegerland um Bergbau. Das Material Eisen kommt im Museumsführer daher häufiger vor. Also habe ich recherchiert, wie Eisen hergestellt wird und eine kurze Erklärung in kindgerechter Sprache formuliert. Diese ergänzt nun den Text über gusseiserne Platten, und der Text ist durch die Erläuterung jetzt konkreter und verständlicher.

Und schließlich habe ich versucht, den Kindern einen besseren Eindruck von der zeitlichen Dimension zu vermitteln. Wo Begriffe wie „17. Jahrhundert“ auftauchten, habe ich den Zeitraum ergänzt, der seitdem verstrichen ist, zum Beispiel: „Das war vor etwa 600 Jahren.“ So erhalten die Kinder hoffentlich einen konkreteren Eindruck von der zeitlichen Dimension.

Das Ergebnis

Herausgekommen ist ein attraktiver Text für kleine Besucher. Anfang nächsten Jahres wird das Heft voraussichtlich erscheinen und hoffentlich viele Kinder inspirieren, sich frei durchs Museum zu bewegen und ihrer Fantasie freien Lauf lassen zu können. Ein sehr schönes Projekt. Hoffentlich bekomme ich bald wieder mal die Gelegenheit, kindgerechte Sprache und Leichte Sprache miteinander zu verbinden.

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